Schlaf- und Sterbezimmer Franz Joseph

Westterrassenkabinett Seidenbespannung

Demontage als konservatorische Maßnahme

Material und Technik

Die älteste noch erhaltene florale Textilbespannung im Westterrassenkabinett des Schlosses Schönbrunn besteht aus einem seidenen gemusterten Drehergewebe. Die Seide wurde mit Hilfe eines speziellen Webstuhls hergestellt, der es ermöglicht, die Kettfäden während des Webvorgangs zu drehen. Durch diesen Webprozess ist es möglich, dauerhaft durchbrochene Gewebe herzustellen, die sich durch einen besonderen dreidimensionalen Effekt auszeichnen. Die Vorder- und Rückseite des textilen Gewebes ist jeweils mit vertikal verlaufenden geschwungenen floralen Blütengirlanden und Maschen verziert. Während die Vorderseite rosafarbene Blüten und Maschen zeigt, ist die Rückseite in blau- und gelbfarbenen Tönen gestaltet.

Problematik in situ

Durch Licht, klimatische Bedingungen und Staubablagerungen in der Vergangenheit ist das Gewebe heute sehr fragil und brüchig. Da jedwede mechanische Belastung - von einem zarten Windhauch bis zur behutsamen Oberflächenreinigung - zum Verlust der Originalsubstanz der einzigartigen und kostbaren textilen Bespannung in den unterschiedlich großen Wandfeldern des Raumes führt, muss diese aus konservatorischen Gründen abgenommen werden, um sie sicher im Depot aufzubewahren.

Ausstattungsgeschichte

Das Westterrassenkabinett wird bereits 1828 als „blaues schmales Eck-Toiletten-Cabinett“ für Kaiserin Karoline Augusta, der vierten Gemahlin des Kaisers Franz II./I., erwähnt. In dieser Funktion, jedoch offenbar mit einer neuen textilen Spalierung (= Wandbespannung), diente es auch für die nachfolgende Kaiserin Maria Anna, der Gemahlin des Kaisers Ferdinand I.

Die textile Bespannung mit aufgemalten Blumengirlanden und rosafarbenen Maschen auf einer Seite sowie mit entsprechenden blaufarbenen auf der anderen Seite ist vermutlich bei einer Neuausstattung des Kabinetts im Jahre 1837 erfolgt. Für diese Neuspalierung wurden mehrere Rollen bemalte „Gaze“ aus der hofärarischen Sammlung von Möbelstoffen und Textilien verwendet.

Provenienz

Das Seidengewebe ist vermutlich französischer Herkunft und in die 2. Hälfte des 18. Jh. zu datieren. Im Westterrassenkabinett wurde ausschließlich die rosa bemalte Seide verwendet, eine wechselweise Nutzung für Sommer und Winter, wie sie in Frankreich häufig war, ist am Wiener Hof bzw. in Schönbrunn nicht erfolgt.

Restaurierung

Bereits gegen Ende des 19. Jh. wurden Teile der insgesamt in 13 Wandfeldern unterschiedlicher Größe gereinigt und restauriert. Besonders brüchige Teile wurden durch Reproduktionen ergänzt und mit dem originalen Gewebe kombiniert. In den 1960er Jahren wurde diese originale Seidenbespannung des Kabinetts mit einer beliebigen Textilbespannung aus dem damaligen Innenausstattungsangebot überdeckt, sie blieb bis zur Restaurierung im Jahr 2011 bestehen. Bei dieser wurden die originale Textilbespannung freigelegt, konservatorisch gereinigt, das Gewebe gefestigt und damit das originale Raumensemble wiederhergestellt.

Einzelne völlig durch Altersschäden zerstörte Bahnen wurden durch Faksimiledrucke ersetzt. Der nunmehrige Befund mit einem beträchtlichen Materialabbau machte die Entscheidung notwendig, die originale Textilbespannung zu demontieren und zu deponieren, um ihre langfristige Erhaltung zu sichern. Sie soll durch eine originalgetreue Replik ersetzt werden, die 2022 hergestellt und im drauffolgenden Jahr in situ montiert wird. Zwischenzeitlich werden die Wandfelder mit einem neutralen Textilgewebe bespannt.

 

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