Das Miniaturenkabinett

Das Miniaturenkabinett wird derzeit restauriert.

Das Miniaturenkabinett

Befundung und Restaurierung

Das Miniaturenkabinett im südöstlichen Teil von Schloss Schönbrunn erfuhr seit Herbst 2024 grundlegende Befundungen, die als Basis für die Restaurierung des Bodens, des Plafonds, der Holzvertäfelungen (Boiserien) und der darin eingebrachten Bildnisse herangezogen wurden. Als Ziele definierten die beteiligten Expert:innen folgende Schwerpunkte: die Rückführung der Farbfassung der letzten bewohnten Phase vor dem Ende der Monarchie 1918, die Festigung der sich ablösenden Fassungsbereiche und die Neumontage der Miniaturen als Ausstattungselemente. Da zudem der Plafond eine starke Vergrauung aufwies, wurde eine Reduzierung dieses Eindruckes angestrebt. 

Im Verlauf der Befundung und der Restaurierung offenbarte der kleine Raum mehrere, bislang unbekannte Aspekte. Dies betraf zum einen die Farbgebung, die 1918 – in der Zeit der letzten Nutzung des Raumes durch Kaiser Karl und Kaiserin Zita – nicht weiß-gold war, sondern zwei Nuancen von Grau aufwies. Weiters konnte die in der Zeit Maria Theresias für die Holzvertäfelungen verwendete Farbe entdeckt werden: Wie im Frühstückskabinett im westlichen Teil des Schlosses war es ein zartes, helles Grün, das die Boiserien bedeckte. 

Eine weitere besondere Überraschung bot der Einsatz einer Mini-Kamera, die bei dem Rauchmelder durch den Plafond eingeführt wurde. Über der heutigen farbig gefassten Holzdecke befindet sich ein in weißer Farbe gehaltener, mit Stuck dekorierter Raumabschluss, der mit großer Wahrscheinlichkeit aus der ersten Ausstattungsphase des Schlosses durch Maria Theresia um 1740 stammt.

Zur Geschichte der Ausstattung

Im Vergleich zu den angrenzenden Räumen stellt das Miniaturenkabinett eines der kleinsten Zimmer der Belétage von Schloss Schönbrunn dar. Doch nicht in dieser Tatsache liegt der Grund der Namensgebung, sondern die in dem Kabinett eingebrachten Bildnisse waren dafür Anlass, obwohl diese nicht kleinformatig sind. 

Die Ausstattung des intimen Raumes geht auf die Zeit Maria Theresias zurück (1768/69), zu dieser Phase liegen bislang keine bildlichen Quellen vor. Punktuell wird das Interieur in historischen Quellen beschrieben: Ein Reisebericht von 1784 schildert den Raum spärlich eigerichtet, wobei ein Kronleuchter als Lichtquelle und zwei Tische mit rosafarbigen, weißgesprengten Platten, dabei werden „60 Miniaturgemälde“ erwähnt. 1812 befanden sich weiß-grüne Sitzbänke und Rohrsessel, zwei schwarz lackierte kleine Tische und ein Wandtisch mit einer Kupferplatte, die mit Perlmutt verziert war, in dem Kabinett. 1875 wurde der Raum als „grünes Cabinet“ bezeichnet, zu dieser Zeit waren die Möbel weiß lackiert und mit „meergrüner“ Seide bezogen. Vor dem Ende der Monarchie war das Miniaturenkabinett Teil des Appartements der letzten Kaiserin. Aus dieser Zeit stammt eine Fotografie, die Zita von Bourbon Parma mit ihrem Sohn, Kronprinz Otto, zeigt. Obwohl es sich nur um eine Schwarz-Weiß Aufnahme handelt, lassen sich zwei Farbtöne erkennen. Diese wurden auch bei der rezenten Befundung entdeckt und bildeten die Grundlage für die nun ausgeführte Fassung der Boiserien in zwei Nuancen von Grau.

Die Miniaturen – Ein Forschungsprojekt der Papierrestaurierung und Kunstgeschichte

Insgesamt sind 56 als Miniaturen bezeichnete, von Zierrahmen gefasste Bildnisse in die Boiserien des Kabinetts eingelassen. Diese farbintensiven Werke haben sicherlich einst, zur Zeit Maria Theresias, in Kombination mit der zartgrünen Kolorierung der Boisierien eine besondere Wirkung erzielt. Bei den angewandten Techniken handelt es sich um Pastelle, Aquarelle (transparenter Farbauftrag) und Gouachen (deckender Farbauftrag), bei den Bildträgern um Pergament (54 Objekte), Papier (1 Objekt), sowie eine Kupfertafel, die mit Ölfarben bemalt wurde. Als Formate der Werke dienten Rechtecke (50 Objekte) sowie 6 Fächerblätter. Bei diesen ist hervorzuheben, dass sie tatsächlich als Fächer gedacht waren, da sie die charakteristische Faltung aufweisen und lediglich die Gestänge entfernt wurden.

Die Motive der Werke zeigen Porträts und Genreszenen, somit Alltagsdarstellungen, wobei die Vorlagen dafür von exklusiver Provenienz sind. Für einen überwiegenden Teil der Bildwerke konnten bereits druckgraphische Werke und Zeichnungen in der Sammlung der Albertina identifiziert werden. Das Sammeln graphischer Blätter war auch für die die Familie Maria Theresias von Bedeutung. Schließlich war es der Gemahl ihrer Tochter Marie Christine, Albert von Sachsen-Teschen, der sich als leidenschaftlicher Käufer von Druckgraphik auszeichnete und das Fundament für die Bestände der Albertina legte. Bei diesen handelt es sich um Schöpfungen bekannter niederländischer und französischer Künstler (u.a. David Teniers und François Boucher). Deren Sujets besitzen überaus charmanten Charakter und weisen zahlreiche erzählerische Details auf. Zudem handelt es sich bei den Porträts überwiegend um schöne junge Damen, Charakterköpfe, musizierende Mädchen, spielende Kinder etc.

Auf 24 Miniaturen konnten Signaturen entdeckt werden, die zusätzlich in geringerer Zahl Datierungen von 1759 bis 1766 aufweisen. Es signierten der Gemahl Maria Theresias, Franz Stephan, und die gemeinsamen Töchter Maria Anna, Maria Elisabeth und Maria Christina. Somit entstanden die Miniaturen wesentlich früher, als das Kabinett eingerichtet wurde, und sie waren ursprünglich möglicherweise nicht für diese Verwendung gedacht. Ob Maria Theresia später selbst die Auswahl traf, oder wer sie in dieser Frage beriet, ist nicht überliefert. 

Zur Zeit werden in einem fächerübergreifenden Projekt sowohl kunsthistorische Fragen nach den Vorlagen, nach der Auswahl der Motive als auch – durch Papierrestauratoren - nach der Technik der Übertragung der Sujets behandelt.

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